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Helga Christine Leohold
Künsterlin - † 26.12.2011
Helga Christine und ich haben uns im Rahmen der Erstellung Ihrer - Website kennen und schätzen gelernt. Immer wieder erstaunt war Helga Christine, dass ich Ihre Vorstellungen in Bezug auf die Darstellung Ihrer Werke in die Website ohne große Worte umsetzen konnte.
Wir hatten noch einiges für die Website geplant ... schließlich endete ihr Leben viel zu früh ...
Bei einem letzten Besuch unterhielten wir uns über meinen geplanten Urlaub auf Rügen. Helga Christine selbst, war eine leidenschaftliche Besucherin der Insel und gespannt auf meine zahlreichen Filmaufnahmen von Wellen, Strand und Meer . . .
Elke E. Kaeding
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In den letzten Jahren entstanden Zeichnungen nach bewegten Schattenbildern von Zweigen eines Baumes auf weißem Karton in der Sonne. Die Nachzeichnung davon legt die Umrisse fest und beruhigt die Linie, ähnlich denen einer topografischen Karte.
Mit den daraus entstehenden Zeichen arbeitete und experimentierte Helga Christine Leohold.
In ihrer letzten Ausstellung zeigt sie u. a. eine Sammlung von Fotos zum Thema Schatten, die zu ihrer Arbeit beigetragen hat. Dabei sind auch übermalte Fotos, die den Schatten in neuem Licht zeigen.
Natürlich zeigt sie Zeichnungen von Blätterschatten und die Nachzeichnungen davon, und das, was davon in ihre Malerei eingegangen ist. Ein Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf einem Text über den „Schatten und die Kunst“, der begleitet wird von einem Video, das das lebendige Schattenspiel der großen alten Weide vor dem Atelier zeigt.
Gelesen anlässlich der Vernissage „As Sombrinhas“ - 26. Juni
2011
Helga Christine Leohold
Die Kunst ist wie der Schatten: ein flüchtiges Nichts, das kaum,
dass es erschienen ist, schon wieder die Richtung wechseln und
verschwinden kann, als wäre es nie da gewesen.
Und doch war es da.
Und es war auch nicht Nichts.
Denn, wenn wir einem von beiden begegnen, berühren sie uns.
Wir freuen uns vielleicht über ein schattiges Plätzchen als Schutz
vor der Hitze und der gleißenden Helligkeit der Sonnenstrahlen.
Genauso können wir uns freuen über ein inspirierendes Kunstwerk,
dass den grauen Alltag heller macht, uns das Leben und seine Gesetze
zeigt und das Bewusstsein weiten und befreien kann.
Oder wir bekommen Angst, weil wir mit dem Schatten auch den dunklen
Ecken in uns selbst begegnen können. Vielleicht erkennen wir nur
nicht, um was es sich gerade handelt. Der Schatten ist – genau wie
die Kunst - manchmal mehr Schein als Sein. Dann irritiert uns ein
unbekannter Schatten genauso, wie uns ein gutes Kunstwerk irritieren
kann, weil es den Blick in eine ungewohnte Richtung lenkt, in der
wir uns noch nicht auskennen.
Wir können das nicht verhindern.
Wir können es eher nutzen, wenn wir wach bleiben wollen für unsere
Umgebung und das, was sich in ihr und in unserem Leben tut.
Schatten und Kunst erscheinen nur im Licht.
Der Schatten im Sonnenlicht – die Kunst im Licht des bewussten
Geistes.
Und je heller das Licht ist – desto tiefer ist der Schatten – desto
klarer die Kunst.
Plinius der Ältere, der irgendwann in den Jahren 23 bis 27 nach
Christi geboren wurde, erzählt uns von einer jungen Frau aus
Korinth, die bald von Ihrem Geliebten für längere Zeit verlassen
werden sollte. Ob er zu einer Handelsreise aufbrach oder zu
einem kriegerischen Einsatz, ist nicht von Belang.
Als sie sich voneinander verabschieden mussten, bat sie ihn um
einen kleinen Gefallen.
Sie stellte eine Kerze hinter seinen Kopf, so dass sich sein Profil
an der Wand abzeichnete. Dann zeichnete sie den auf die Wand
fallenden Schatten nach.
So hatte sie sein Abbild als Andenken bei sich für die Zeit der
Trennung.
Als er nun los gefahren war, vertiefte sie sich jeden Tag von Neuem
in ihrer ganzen Verliebtheit und Sehnsucht in die Betrachtung seines
Abbildes, und sie freute sich von Tag zu Tag mehr daran. Alle
Wünsche, Träume und Gedanken in dieser Zeit teilte sie mit diesem
Bild, und wünschte und dachte und träumte immer weiter und war ganz
glücklich dabei.
Der Ausgang der Geschichte wird in 2 Versionen erzählt:
1. Der Geliebte überlebte seine Reise entweder nicht oder er fand in
den Armen einer anderen in einem fernen Land sein Glück. Jedenfalls
kehrte er nie zurück. Sie aber bemerkte das kaum, weil sie sich mit
seinem Bildnis so wunderbar unterhalten hatte.
In der 2. Variante kehrte der Jüngling nach Monaten der
Abwesenheit voller Freude auf seine Geliebte zurück, und muss
entsetzt feststellen, dass sie mit ihm gar nichts mehr zu tun haben
will, weil sie in seinem Bild ein Ideal gefunden hatte, dem er nicht
mehr gewachsen war.
Für Plinius d. Ä. spiegelt diese Geschichte den Beginn der
Kunst wieder.
So flüchtig Schatten und Kunst also sind, so ausdauernd und intensiv
können sie uns in Besitz nehmen. Sie sind fest mit allem verwoben
und halten unser Leben in einer richtigen Spur, wenn wir das
zulassen.
***
Die Zeit wird zu einem stillen Begleiter für die Menschen, die Frieden mit sich selbst gefunden und das Wesen der Sterblichkeit begriffen haben.
Glücklich ist, wer die Zeit als kostbaren Besitz begreift, in Erinnerung daran jeden Moment des Lebens auszukosten, ohne ihn für selbstverständlich zu nehmen.
Memorandum
Helga Christine Leohold
Das schönste Denkmal,
das ein Mensch
bekommen kann,
steht in den Herzen der Mitmenschen.
Albert Schweitzer